Samstag, 25. August 2018

Warmalpilgerin Teil 5


Stempelsammlung im Pilgerpass



zurück in Naumburg


Am 27.06.2018 begab ich mich per Flieger und Zug auf die Heimreise. Dank meines Loslassens auf der Pilgerschaft, war der Rucksack klein und leicht genug fürs Handgepäck. Am Morgen hatte ich noch das 3 Monate mitgetragene Reserve-Müsli gegessen, die Reste meines Universalwaschmittels aufgebraucht und die zum zelten und Picknicken zweckentfremdete Rettungsdecke entsorgt. Jedes Gramm zählt - beim Laufen und beim Fliegen.
Beim warten auf den Bus, kamen mehrer Gruppen und auch auch einzelne Pilger an mir vorbei. Ich schaute ihnen zu, wie sie den Weg suchend über die Straße liefen. Ich konnte nachempfinden, wie es ihnen ging und erinnerte mich daran, wie Veronika und ich hier lang gegangen waren. Doch es war nicht mehr mein Thema. Es kam auch nicht das Gefühl auf, mitlaufen zu wollen. Ich war keine Pilgerin mehr und die Heimreise war jetzt dran.
Zu meiner Freude gab es auf dem Lufthansa-Flug Getränke, so dass ich meine Heimreise zwar ohne Pilgermenü, aber immerhin mit einem Gläschen Rotwein feiern konnte. 
Auf dem letzten Stück der Zugfahrt zogen wieder Städte und Wege an mir vorüber, die ich schon auf dem ersten Teil meiner Pilgerreise erlaufen hatte. Beim letzten Mal fuhr ich hier weinend lang und traurig über meinen Reiseabbruch. Doch dieses Mal schwang eher etwas Stolz mit. 
Etwas wehmütig, aber auch erfreut sah ich vom Zug aus den Naumburger Dom. Beide Gefühle hatten den gleichen Grund - die Reise ist beendet.
Mein Mann holte mich mit etwas Verspätung vom Bahnhof ab, so dass ich die ersten 500 Meter Richtung zu Hause wieder allein lief. Es war mir sogar recht so, denn ich konnte noch ein wenig die ersten Eindrücke des Ankommens für mich haben. Trotzdem freute ich mich sehr, dann meinem Mann wieder in den Armen zu liegen.
Am Abend auf dem Sofa schauten wir uns an und hatten ein Gefühl, als sei ich nicht drei Monate, sondern drei Tage weg gewesen.

Nun bin ich seit fast zwei Monaten wieder zu Hause. was geblieben ist, sind tausende von Bildern, viele schöne Erinnerungen und meine immer noch tauben Zehen.

Fazit:
- aus heutiger Sicht gehe ich nicht noch einmal pilgern
- ich kann es nur Jedem empfehlen, diese Erfahrung einmal zu machen
- eine gute Vorbereitung erleichtert Vieles
- Sprachkenntnisse sind von Vorteil
- selbst bei wenig Gepäck ist irgend etwas Überflüssiges dabei
- Pilger-/Wanderstöcke brauch man nicht - es gibt überall "Freunde des Waldes" (Äste)

Montag, 25. Juni 2018

Warmalpilgerin Teil 3


Um ans „Ende der Welt“ zu kommen wählten wir nicht den offiziellen Weg, sondern gingen an der Steilküste entlang. 
Ich hatte meinen Rucksack mit ein paar Utensilien für unseren Abschied vom Camino dabei und fühlte mich noch einmal wie Pilgerin.
Es nieselte und war nebelig. Das Meer war nur zu hören, aber nicht zu sehen.
Es war genau so, wie es uns ging. Nichts war wirklich klar.
Als wir auf den Klippen am Ende der Landzunge, am Kap Finisterre, angekommen waren, sah es tatsächlich aus, wie das Ende der Welt. Es gab nichts, außer einer dicken Nebelwand.
Am Meeresrauschen hörten wir, dass das Ende nicht das Ende ist. 
Auch unsere Pilgerschaft war noch nicht zu Ende. Eine Tradition, wer auch immer sie begonnen hat besagt, dass man ein auf dem Weg zerschlissenes Kleidungsstück dort lässt, oder gar verbrennt. Wir zelebrierten diesen  Moment würdig. Dank meines  Trockenbrennstoffes schafften wir es bei Nieselregen und Wind unsere auserkorenen Kleidungsstücke zu entzünden. 
Wir stießen mit Sekt darauf an und saßen eine Weile still da. Unser Pilgerweg war beendet. In dem Moment lichtete sich die Wolkendecke und es wurde zunehmend klarer.






Wäre das so in einem Film gekommen wär es ganz schön kitschig gewesen. Doch es war alles Echt. Jeder hatte für sich den Weg abgeschlossen und sah tatsächlich klarer.
War ich jetzt angekommen? Nein! Denn das hieße ja, es gäbe nichts mehr danach. Doch es gibt ja noch so Vieles.


Das Ende ist nicht das Ende, ist nicht das Ende

Sonntag, 24. Juni 2018

Warmalpilgerin Teil 2



Heute Früh bekamen wir noch einmal einen krönenden Herbergsabschluss. 
Punkt 6:00 Uhr klingelte ein Wecker und ein endlos erscheinendes Tütengeraschel begann. So viele Tüten und Beutel kann eigentlich kein Pilger in seinem Rucksack haben, um ne viertel Stunde damit andere Pilger, oder Warmalpilger wach zu halten. Doch dieser hatte sie.
Nach unserem letzten Herbergsfrühstück begaben wir uns zum Busbahnhof. Das war noch mal ein bissel wie pilgern.
Nach knapp 3 Stunden im völlig unterkühlt klimatisierten Bus kamen wir in Fisterra an.
Wir liefen durch die Stadt, die nur von Pilgern zu leben schien. 
Die hier zu Fuß ankommenden Pilger wirkten meist etwas ratlos, so wie ich bei meiner Ankunft in Santiago. Ich fragte mich, wie wohl meine Ankunft hier ausgesehen hätte, wenn ich weiter gegangen wär. Letztendlich sicher wohl auch nicht anders, halt nur 95 Kilometer mehr auf den Füßen. Also alles richtig entschieden. Meine Füße wollen eh nicht weiter.
Am späten Nachmittag gingen wir an den Strand auf der anderen Seite der Landzunge. Die Sonne war kaum noch zu sehen und es war nebelig. Wir gingen trotzdem noch im Meer baden.
Irgendwie fühlte sich die ganze vergangene Zeit so unreal an. Sind wir tatsächlich keine Pilger mehr?
Wir beschlossen, solange Pilgerinnen zu sein, wie wir unsere Sachen aus dem Rucksack holen und die Muschel dran haben. :-)
Morgen geht es noch zum Leuchturm am Kap Finisterra - dem vermeintlichen Ende der Welt. Vielleicht kann ich mich dort mit dem Ende meiner Pilgerschaft abfinden.