Mittwoch, 20. Juni 2018

Tabernavella - Petrouzo



In der letzten Nacht konnte ich nicht schlafen. Vom Kaffee konnte es nicht sein, denn ich hatte keinen  getrunken und außer einem Glas Rotwein zum Abendbrot hatte ich auch keinen Alkohol.
Mir ging das Gespräch von gestern durch den Kopf. Wann ist man den Weg richtig gegangen? Was ist beim Pilgern überhaupt richtig oder falsch?
Und dann war da in meinem Kopf: „ Geh weiter!“ Ich bezog es auf den Weg. In Gedanken warf ich die Pläne, welche Veronika und ich für die letzten Tage gemacht hatten, über den Haufen. Mit dem Handy im Schlafsack, damit das Licht keinen stört, suchte ich nach den Kilometern und Herbergen bis ans Kap Finisterre. Wenn ich am Freitag, nach der Ankunft in Santiago, weiter laufen würde, sollten die 95 Kilometr bis ans Kap bis Montag Abend zu schaffen sein.
Als Veronika wach war, erzählte ich ihr unter Tränen von meinen Gedanken. Traurig nahm sie es zur Kenntnis und meinte, „Wenn das Dein Weg ist, dann musst Du ihn so gehen.“
Veronika lief wieder eher los und ich trödelte noch etwas rum, sprach noch mit Heidi, Sandra und Frank. Ich startete ca. 45 Minuten später.
Ich telefonierte noch im Loslaufen kurz mit meinem Mann und berichtete auch ihm von meinem neuen Plan. Ich hatte aufgelegt und war noch nicht weit gelaufen, da fühlte sich das Ganze nicht mehr richtig an. Wir hatten einen stimmigen Plan für die letzten Tage. Meinen Füßen würde es damit sicher nicht besser gehen, ich hätte weder Zeit für Santiago und auch nicht für Finisterre und außerdem würde ich völlig verausgabt am Mittwoch in den Flieger steigen. Das kann nicht das Ende meiner langen Reise sein.
Ich lief so schnell, wie noch nie und holte Veronika ein. Ich reichte ihr die Hand und sagte, das Alles bleibt, wie geplant. Weinend  und glücklich lagen wir uns in den Armen. Was macht dieser Pilgerweg nur mit uns?

Jetzt hatte ich wieder ein gutes Gefühl. Bleibt nur die Frage: „Was oder wohin soll ich ‚weiter gehen‘?